Es ist mittlerweile üblich geworden, bei jeder Ansprache, in jedem Flugblatt, in jedem Fernsehbeitrag, die Angesprochenen getrenntgeschlechtlich anzusprechen. Längst hat jeder Politiker dies in diesem Lande verinnerlicht. Viel zu groß ist die Angst, als antiemanzipatorisch und reaktionär gebrandmarkt zu werden, denn das ist gleichbedeutend mit unwählbar. So spricht jeder heute ganz selbstverständlich von den Wählerinnen und Wählern, den Europäerinnen und Europäern, den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern. Daran haben wir uns inzwischen alle gewöhnt.

Bastian Sick hat darüber schon mehrmals geschrieben.

Dies ist jedoch keineswegs fortschrittlich, zeitgemäß oder besonders höflich, sondern dumm und beinahe schon beleidigend.

Mangelnde Emanzipation war zu Recht ein Thema der 70er Jahre, ist aber doch heute kein Problem mehr. Jedes Weibchen oder Männchen dürfte in der Lage sein, selbst zu entscheiden, ob sie/er sich angesprochen fühlen muss oder nicht. Wie werden Männer angesprochen, die mit Sprössling eine Krabbel- und Stillgruppe besuchen? Männerinnen? Und bei unseren Mitgeschöpfen? Hühnerinnen und Hühner?, Hamsterinnen und Hamster? Und wenn das Stammwort gar nicht männlich ist, sondern sächlich? Mitgliederinnen und Mitglieder? Kinderinnen und Kinder?

Und wo bleiben die getrenntgeschlechtlichen Anreden, wenn diese eher negativ besetzt sind? Nie hört man von Schwarzfahrerinen und Schwarzfahrern, Steuerhinterzieherinnen und Seuerhinterziehern.

Amrkung

An der PH Ludwigsburg wurde einmal anläßlich einer Weihnachtsfeier eine Ansprache mit folgenden Worten bekonnen:

Liebw Kolleginen und Kollegen,
libe Studentinnen und Studenten,
liebe Kerzinnen und Kerzen,